Mit Agrarrobotern zu einem nachhaltigeren Anbau – der Einsatz von KI in der Landwirtschaft

Landwirtschaft 4.0, Smart Farming, Precision Farming und E-Farming sind Ansätze, bei denen der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Fokus steht. Bereits heute fördert der Staat zahlreiche Projekte, die sich dem technologischen Fortschritt in der Agrarwirtschaft verschrieben haben. Für Landwirte ergeben sich durch die Verwendung von Künstlicher Intelligenz viele Vorteile – nicht zuletzt im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Die digitale Transformation bringt den Agrarsektor in hohem Tempo voran: hin zu mehr Effizienz, Effektivität und Nachhaltigkeit.

Von autonomen Landmaschinen über Drohnen bis hin zu Robotern - Technologische Diversität in der Landwirtschaft

Reisen wir einmal kurz durch die Geschichte. In der Antike erbrachten die Griechen Opfergaben an die Göttin Demeter, um von einer fruchtbaren Erntezeit zu profitieren. Im Mittelalter machten die Menschen ihre Felder urbar, Nutztierhaltung und Dreifelderwirtschaft trugen erste Früchte zu tragen. Anzahl der Betriebe im ökologischen LandbauMit der Industrialisierung ersetzten große Landmaschinen Ackerpferde und Dreschflegel. Heute verhelfen Pflanzenschutzmittel und mineralische Dünger Landwirten zu noch höheren Erträgen, wobei der ökologische Anbau immer populärer wird. Nun bricht eine neue Zeitenwende an: Die Landwirtschaft im 21. Jahrhundert bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Ernährungssicherheit, gesellschaftlicher Akzeptanz und der Anpassung an klimatische Bedingungen. Zwischen Ressourcenschonung und effizienter Produktion müssen Landwirte zukünftig einen Weg finden, ihre Felder zu bestellen. Dabei verändert sich das Berufsbild mit den steigenden Anforderungen durch die digitale Transformation.

Dürre durch steigende Temperaturen, Schädlings- und Unkrautbefall durch milde Winter und die Abnahme von erneuerbaren Wasserressourcen führen zu einem Umdenken im Agrarsektor. Die Frage ist also nicht mehr, ob sich die Landwirtschaft verändern muss – sondern wie. Und das Wie kann mit Hilfe Künstlicher Intelligenz beantwortet werden. Bereits heute nutzt laut einer Umfrage des Bauernverbandes jeder zehnte Betrieb Drohnen über dem Acker. Diese Multicopter, wie Drohnen auch genannt werden, liefern wertvolle Informationen über den Zustand der Ernte. Aber nicht nur die Vogelperspektive ist von Vorteil. Durch den Einsatz der fliegenden Technik befahren weniger schwere Landmaschinen die Felder – eine Verdichtung des Bodens bleibt aus und die Pflanzen können besser wachsen und gedeihen.

Im Gespräch mit Dr. Henning Müller über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz

Künstliche Intelligenz in der Landwirtschaft meint also den Einsatz innovativer Technologien, um Daten zu sammeln, Prozesse effizienter zu gestalten und damit den neuen Herausforderungen durch den Klimawandel zu begegnen.

Dr. Henning MüllerMit diesem Thema beschäftigt sich auch Dr. Henning Müller, Landwirt und Vorsitzender des Agrotech Valley Forum e.V. Seit vielen Jahren treiben ihn digitale Themen um, er begeistert sich für Innovationen und möchte mit dem Thema KI in der Landwirtschaft Brücken bauen. Denn die Möglichkeiten der Digitalisierung werden zwar bereits genutzt, aber noch nicht vollends ausgeschöpft: „Die Innovationstätigkeit der einzelnen Maschinen ist in den letzten Jahren langsamer geworden. Der nächste Schritt bedeutet die Vernetzung der Maschine mit der kooperativen Betrachtung der einzelnen Prozesse“, so Dr. Müller. Das bedeutet, Landwirte müssen ihre Prozesse zukünftig stärker hinterfragen – zum Beispiel, indem sie andere Anbauverfahren ausprobieren.

„Der wirkliche Erfolg wird erst dann sichtbar, wenn einige Landwirte bereit sind die Kosten der First-Mover zu tragen.“ – Dr. Henning Müller

Dabei kann eine Künstliche Intelligenz bei dem Aufbau eines Datenschatzes helfen und dadurch die Effizienz deutlich steigern. Konkret ließe sich dadurch beispielsweise die Biodiversität verbessern, indem statt Monokulturen auf einem Feld bis zu fünf verschiedene Nutzpflanzen bewirtschaftet werden können. Die Identifizierung von nährstoffarmen Böden kann dabei helfen, auf diesen Flächen Wildkräuterwiesen wachsen zu lassen und somit den Rückgang von Insekten aufzuhalten. Digitale Assistenzsysteme unterstützen Landwirte im Bereich Monitoring. Außerdem kann der gezielte Einsatz von Dünger und Pestiziden zu einer Entlastung der Böden führen. Vertical-Farming ist heute bereits mehr als Zukunftsmusik.

Künstliche Intelligenz findet heute also schon Anwendung in diversen Bereichen der Landwirtschaft. Oftmals ist die Technik gut ausgereift, lange aber noch nicht perfektioniert. MelkroboterGerade auf der Feldfläche gibt es im Unterschied zu anderen Industriezweigen, wo KI schon lange Anwendung findet, einige Herausforderungen. Umwelteinflüsse wie Regen oder unvorhersehbare Ereignisse wie beispielsweise ein abgebrochener Ast setzen Roboter auf der freien Fläche noch zu. Anhand der verheerenden Ergebnisse der ersten Melkroboter wird deutlich, wie lange eine Künstliche Intelligenz trainiert werden muss, um zufriedenstellende Prozesse zu etablieren, meint Dr. Henning Müller. Auf der anderen Seite muss eine flächendeckende Infrastruktur geboten sein, die einen sicheren Datentransfer gewährleisten kann. In vielen Regionen ist das aufgrund der zu geringen Nachfrage noch nicht der Fall.

So viel wie nötig, so wenig wie möglich - sparsame Bewässerung dank intelligenter Robotik mit WaterWise

Der Anteil der Anbaufläche im ökologischen Landbau verdoppelte sich in den letzten 10 Jahren auf 10,8%. Dabei steht besonders das Thema Ressourcenschonung im Mittelpunkt. Landwirtschaftliche Betriebe versuchen zunehmend energetisch autark und möglichst CO2-neutral durch sogenannte „Hofkraftwerke“ zu wirtschaften. Auch das Thema Wassersparsamkeit spielt eine wichtige Rolle. Um heute Ernteverluste zu vermeiden, werden in der Landwirtschaft Beregnungsmaschinen eingesetzt, die das Feld großflächig beregnen. Das ist zum einen weder wirtschaftlich noch wasserschonend.

Agrar-Roboter WaterWise auf dem FeldGemeinsam mit der Hochschule Osnabrück entwickelt und betreut Dr. Henning Müller das Projekt „WaterWise-ASBA“. Dabei handelt es sich um ein „autonomes System zur sparsamen Bewässerung im Ackerbau unter Einbindung regenerativer Energien bei gleichzeitiger Schonung der Grundwasserreserven“ – ein Agrarroboter mit künstlicher Intelligenz, der an Beregnungstagen über das Feld fährt. Im Gegensatz zu einer großflächigen Bewässerung führt der Roboter jeder Pflanze nur so viel Wasser zu, wie sie tatsächlich benötigt.

„Die Idee ist mittlerweile schon 15 Jahre alt. In Zukunft wird Bewässerung einfach immer wichtiger, weil wir aufgrund des Klimawandels noch effizienter mit Wasser umgehen müssen“, erklärt Dr. Müller.

Projektskizze WaterWiseNachdem der Tank leer ist, fährt der Roboter selbständig zur Versorgungsstation zurück und befüllt sich autonom mit Wasser. Dann geht seine Arbeit weiter. Am Ende des Tages, wenn der Bewässerungsvorgang beendet ist, macht sich der Roboter auf den Heimweg zur Versorgungsstation, wo er seinen Akku induktiv auflädt. Aufgrund der gesammelten Daten lässt sich anschließend ein genaues Simulationsmodell erstellen, Simulationsstudien durchführen und das System optimieren. Ein wesentlicher Teil des Projektes ist laut Dr. Müller ebenfalls die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Über die möglichen Flächenanwendung sagt er folgendes: „Der Einsatz eines solchen Systems auf großen Parzellen wie beispielsweise Spargel ist nicht wirklich sinnvoll. Eher vorstellbar sind Smart Garden Konzepte, wo ich wechselnde Kulturen mit unterschiedlichen Ansprüchen anbaue.“ Momentan befindet sich der Agrarroboter in einer Testphase auf einem Maisfeld des Guts Arenshorst. Die Ergebnisse werden dann im Laufe des Sommers ausgewertet.